Prinzipien des Zeremoniells
Textauszug aus Denning und Phillips(2004): Mysteria Magica, 3rd Edition. Llewellyn Publications
Deutsche, nicht autorisierte Übersetzung durch: Citadel of Pharos.
Vorbemerkung (Citadel of Pharos): Dieser Text befasst sich mit Prinzipen und Grundelementen magischer bzw. theurgischer Rituale als Modalitäten, das sog. „astrale Licht“ anzurühren und zu gestalten. Ganz allgmein gesprochen kommen dabei Atem, Stimme, Geste sowie Bewegung im Raum, innere Imagination und Requisiten kombiniert zum Einsatz.
Prinzipien des Zeremoniells
von Denning und Phillips
Magisches Zeremoniell kann zu Formen großer Feinheit und Komplexität aufgebaut und ausgearbeitet werden, aber die grundlegenden Prinzipien, welche diesen Gestaltungen zugrunde liegen, sind extrem simpel. Zunächst ist Zeremoniell etwas anderes als Meditation, und es ist etwas anderes, als bloß zu wünschen oder zu beten, dass ein bestimmtes Ergebnis eintreten möge: der Magier macht sich zur Aufgabe, das Astrale Licht in einer bestimmten Weise zu bewegen, und zu diesem Zweck müssen gewisse Handlungen, gewisse Bewegungen und Gesten, ja manchmal eine vollständige dramaturgische Darbietung in geeigneter Weise koordiniert werden. Wenn sie nicht lediglich wegen ihrer Entsprechung mit diesem oder jenen Aspekt des Lichts ausgewählt werden, sondern auch, um eine innere Antwort in der Psyche des Anwenders hervorzurufen, werden sie doppelt soviel Kraft haben, als dies umgekehrt der Fall wäre.
Magisches Prinzip ist in diesem Sinne „künstlich“, und es schuldet seine Effektivität dieser Künstlichkeit. Abermals kann betont werden, dass es nicht die natürliche Emotion oder Strebung des Anwenders ist, belastet mit Versagensängsten oder Verstrickung mit anderen Belangen, welche ihn zum Erfolg trägt. Diese wird, für den Moment, ersetzt durch das Spiel des Rituals. Die Absicht des Magiers ist nicht in ihm versiegelt, um allen Kräften der Negation unterworfen zu bleiben, sondern sie bewegt, fokussiert auf die Durchführung und das Erleben des Ritus, die Strömungen des Astrals, welche ihn wiederum mit den kosmischen Kräften, nach denen er strebt, in Kontakt bringen.
Bevor wir eine Zusammenstellung von Ritualhandlungen im Detail betrachten, finden wir, dass solche Handlungen im Allgemeinen unter den folgenden Kategorien gruppiert werden können:
Ia) Handlungen, die ein intendiertes Projekt direkt imitieren, inklusive des angestrebten Ergebnisses.
Ib) Handlungen, die kosmische oder meteorologische PRozesse imitieren.
IIa) Handlungen, die indirekt Einflüsse induzieren oder abwenden sollen, durch metaphorische oder symbolische Assoziation.
IIb) Mythische Darbietungen und Handlungen der Besänftigung oder Anbetung, die dazu intendiert sind, den Ritus mit einer spezifischen göttlichen Kraft zu verbinden.
Jede bzw. alle dieser Handlungstypen können in einem bestimmten Ritual präsent sein, abhängig von seiner Komplexität und von der Beurteilung der Situation durch den Magier. Die Klassifikation magischer Werke nach der Methode, welche gewöhnlich von verschiedenen Autoritäten genannt wird, liefert Untergruppen innerhalb der obigen Kategorisierung.
So enthält Ia) die einfacheren Aspekte von Substitutions-Riten, wie jene, die offensichtlich in steinzeitlicher Jagd-Magie zu finden sind, und im ägytpischen Gebrauch von Bildern, die Feinde darstellen, mit der Absicht diese zu unterwerfen: in der Puppenmagie im Allgemeinen und in mesopotamischen Ritualen, die nicht nur Bilder, sondern auch Tiere und Menschen (Sklaven, Gefangene), um die Person zu repräsentieren, die vom Ritual profitieren bzw. darunter leiden soll. In dieser Kategorie ebenfalls gurndsätzlich eingeordnet wird ide Methode, die von Sir Kenelm Digby vorgeschrieben wird, um sein heilendes „Puder der Sympathie“ anzuwenden.
Ib) umfasst nicht nur einige sehr ursprüngliche Arbeiten – die Art von Regenmagie, welche direkt Donner imitiert oder Trankopfer als Hauptmerkmal beinhaltet – sondern ebenfalls Bilder feinen Mystizismus. Von den vielen Beispielen, die vom Umherwirbeln in Nachahmung himmlischer Rotation genannt werden können, genügt es hier, auf die Literatur der Derwische zu verweisen, welche an manchen Stellen zu implizieren scheint, dass sich solcherart zu drehen, die Verpflichtung des Mikrokosmos erfüllt, das Werk des Makrokosmos fortzuführen:
Die rechte Hand des Derwisch-Tänzers, weist mit der Handfläche nach oben, um die himmlischen Einflüsse zu erhalten, die linke Hand weist nach unten, um diese Einflüsse den niedereren Ebenen des Seins zu übermitteln. Einige Autoren nennen andere und elaboriertere mystische Traditionen in Bezug auf die Bedeutung des mystischen Wirbelnden Tanzes: derjenige, welcher oben genannt wurde, ist vermutlich der Bekannteste und zeigt etwas von dem pythagoräischen Erbe, welches in verschiedenen Einzelheiten von der arabischen wie der hellenistischen Sprache weitergegeben wurde.
Jedoch finden wir nicht nur bei solchen bemerkenswerten Entwicklungen Handlungen, die Phänomene direkt imitieren, um an ihrer Dynamik teilzuhaben oder sie zu induzieren. In diese Kategorie gehört auch das spontane Gefühl, dass beispielsweise Riten des Feuers mit raschen, ruhigen Bewegungen und aufstrebenden Gesten vollführt werden sollten, Riten des Wassers auf eine langsame und wogende Weise, Riten der Erde mit Momenten völliger Bewegungslosigkeit und Stille, Riten der Luft mit Vitalität, expansiven Gesten und Klang. Diese Charakteristiken können in bestimmten Umständen und nach individuellen Bedürfnissen variiert werden – das Zusammenschlagen von Zimbeln kann Feuer evozieren, während stierhaftes Brüllen und Stampfen zu einigen Aspekten des Erdelements zählt – die wichtige Überlegung ist nicht, dass ein bestimmtes Element oder eine bestimmte Kraft nach einer festgelegten Regel repräsentiert werden sollte, sondern dass die Teilnehmer des Ritus das Gefühl haben sollten, dass ihre Handlungen in Harmonie mit der evozierten Kraft stehen, und vor allem mit den Aspekten, die mit dem Werk in Zusammenhang stehen.
Wahre Charakterisierung lässt sich ableiten aus den Attributen einer bestimmten Kraft im Bereich des magischen Werkes. Neben persönlicher Erfahrung und Meditation sollte der Studierende die Imagination anregen, indem er in seinem literarischen Erbe sucht. Wenn eine Studie der Kardinalpunkte oder der Winde unternommen würde (um ein Beispiel zu nennen), würde eine Passage wie jene über den Nordwind aus dem Sechsten Buch von Ovids Metamorphosen Aufmerksamkeit erregen:
„Macht ist meine Natur: Mit Macht dränge ich die finst’ren Wolken, mit Macht zerwühle ich die See und entwurzele knorrige Eichen: Ich härte den Schnee und peitsche mit Hagel die Lande. So auch, wenn ich meine Brüder treffe im freien Himmel (dieser Himmel mein Gefilde), so kräftig wetteif’re ich mit ihnen, dass die Luft schellt und von hohlen Wolken entschlag’nes Feuer zuckt. Und wenn ich unzähmbar in die gewölbten Gruben der Erde hinabgefahren und meine Schultern unter die tiefsten Höhlen gestreckt, erschütt’re ich mit Beben die Schatten der Toten und die ganze Welt.“
Diese Passage lässt sich vergleichen mit der lebhaften Beschreibung des Nordwindes, dem „wilden Kabibonokka“, in Longfellows Hiwatha: Der zweite Gesang, die Vier Winde, enthält Passagen von beträchtlichem Interesse und Schönheit in Bezug auf jede der Himmelsrichtungen. Essenziell für eine Studie des Westwindes wäre Keats superbe Ode; beträchtliche Arbeit könnte in die Charakterisierungen der Vier Winde gesteckt werden, und es ist eines der Themen, welche die Menschheit schon immer fasziniert haben. Seit frühester Zeit in Ägypten scheint der „Gesang der Vier Winde“ ab der zwölften Dynastie sich zu einer dramatisierten Form entwickelt zu haben, einem Tanzspiel, bei dem offenbar vier Darsteller in den Vierteln eines Kreises jeder den Charakter eines der Winde darstellten, und eines weiteren, dessen Basis in der Mitte war, der auf irgendeine Weise versuchte, den Schatz der Winde „zu stehlen“. Es mag einfach der Unterhaltung gedient haben: oder seine Aufführung könnte ein Ritus des „Wind-Stehlens“ gewesen sein, der den Zweck verfolgte, mit den Mitteln eines metaphorischen Dramas einen Wind zu erzeugen.
Diese letztere Möglichkeit würde in das Thema unserer nächsten Kategorie fallen, II a), die Anziehung von Kräften durch indirekte, manchmal symbolische Mittel. Zum Thema der Charakterisierung wollen wir nun zurückkehren. Symbolik als die Sprache des Unbewussten, wird geheiligt als Mittel der Kommunikation mit der geistigen Welt: Aber ein Element der persönlichen Unsicherheit kann unter gewissen Umständen ebenfalls verdächtigt werden, ein gewisses Maß an Vorsicht davor, eine zu offene Erklärung der eigenen Wünsche abzugeben: vielleicht wird auch eine zu einfache Sequenz von Ursache und Wirkung vermieden, um zugleich die Kraft der Operation und die Entschlossenheit des Praktizierenden durch die Einführung von Mystifizierungen zu stärken. Der Übergang von direkter Darstellung zur Symbolik ist manchmal so fein und so natürlich, dass er keine besondere Begründung benötigt.
So wird in den Fasti in Bezug auf den römischen Neujahrstag berichtet, dass dieser Tag nicht zu einem offiziellen Feiertag erklärt wurde, aus Angst, ein solches Omen würde zu einem arbeitslosen Jahr führen: und dann wird berichtet, dass Datteln und Feigen, Honig und Gold Janus geopfert wurden, damit ihre Süße ein Jahr voll Freude und Fülle bringen sollte. Eine ähnliche einfache Übertragung von Ideen deutet sich an im Schrein und den Emblemen des Fruchtbarkeitskultes, welche in einer Grube der Feuersteinminen bei Grime’s Graves, Norfolk, gefunden wurden: Da die natürliche Umgebung des Schreins jegliche gewöhnlichen Konnotationen von Fruchtbarkeit ausschließt, wird geschlossen, dass die Intention hier war, die Erde reich an Feuersteinen zu machen.
In anderen Fällen ist jedoch die Indirektheit des rituellen Ansatzes weiter entwickelt und hervorstechend. Ein bemerkenswertes Beispiel dafür ist der Hopi Schlangentanz, dessen letztlicher Zweck ist, nicht Schlangen, sondern Regen zu bringen. Die schlangenartigen Bewegungen des Tanzes sind dazu gedacht, die feurigen Schlangen des Blitzes anzuziehen, die in ähnlicher Manier dann anfangen am Himmel zu spielen: Und es ist dieses Spiel, welches den Regen verursacht. Auf einer komplexeren Ebene gehören in dieselbe Kategorie Riten, die planetarische Einflüsse induzieren sollen, beispielsweise um ein astrologisches Ungleichgewicht zu korrigieren und somit Unglück abzuwenden.
II b). Mit einer Vereinigung von mythologischen Themen und magischen Konzepten werden sowohl die möglichen Formeln, als auch die tatsächliche Kraft von magischen Werken ungemein bereichert. Diese andere Dimension, die Verbindung mit einer spezifischen spirituellen Kraft, bringt nicht nur ihre eigenen Formeln hervor, sondern fügt Bedeutung und Macht zu Riten aus den vorhergehenden Kategorien hinzu. Es wurde früh erkannt, dass, ein ersehntes Projekt mit seinem erwünschten Ausgang aufzuführen, oder entweder direkt oder indirekt eine kosmische Gegebenheit darzustellen, über die der Darstellende normalerweise keine Kontrolle hat, dies von einem primitiven Versuch zu einem wahren magischen Werk wurde, wenn ein Mythos mit ähnlichen Konnotationen inszeniert wurde, welcher ein solches magisches Bindeglied verkündete oder implizierte wie z. B.: „So wie der Sohn der Isis über seine Feinde triumphierte, so soll auch meine Sache siegreich sein!“ Mythen aus der einen oder anderen Quelle haben überall die dramatischen Fundamente vielerlei magischer Riten bereitgestellt, und das magische Ritual hat hierdurch eine besondere Würde erlangt. Vorherrschend beim Aufweisen dieses Einflusses sind die großen Riten, sowohl initiatorischer als auch opfernder Art, der verschiedenen Sonnenkulte. Es gibt jedoch auch Riten bloßer Verehrung oder des Feierns eines kosmischen oder mythischen Faktums, Riten, welche von einem Exoterischen Standpunkt aus nicht zur Magie, sondern zur Religion gehören: Diese sind, wenn man sie mit okkultem Verständnis betrachtet, wahrhaftig magisch bei ihrer Operation, einen Egregore aufzubauen und einen Kanal dorthin vom göttlichen Geist aus aufrecht zu erhalten.
Von den kleinsten zu den größten magischen Riten lässt sich also ein hohes Ausmaß an dramatischer Darstellung erkennen. Es ist dramatische Darstellung von einer bestimmten Art und Weise, die gleichermaßen dazu dient, das Licht zu bewegen und den Operateur auf jedwede Kräfte einzuschwingen, die mit dem Werk assoziiert sind.
Der Grad der Vorbereitung für einen Ritus wird größtenteils von der Bedeutsamkeit des Anlasses abhängen. Die einfacheren Korrespondenzen zu nutzen, welche in diesen Bänden zitiert werden, ist ein normaler Standard des Arbeitens: Der Magier wird gelegentlich gut mit weniger auskommen, je nach Bedürfnis oder Einschätzung, ist es aber manchmal wünschenswert, beträchtlich mehr zu tun. Er, und auch die anderen Teilnehmer sollten, wenn große und spezielle Kraft benötigt wird, in solchen Fällen vorhergeplante Zeiträume der Meditation oder dem Lesen über die fragliche Sphäre widmen: Für diese Zeiträume brauchen sie sich nicht zu treffen, aber die eingeplanten Zeiten sollten mit der Sphäre so harmonisch wie möglich sein.
Manche Autoritäten, besonders in älteren Schriften, weisen die Betreffenden und besonders den Leiter des Werkes an, während der Vorbereitungsphase eine spezielle Diät in Harmonie mit der intendierten Sphäre des magischen Werkes einzuhalten; und es ist offensichtlich, dass ihre Absicht, dem Magier Einsamkeit vorzuschreiben, darin besteht, seine psychische und physische Organisation auf diese Sphäre abzustimmen. Ein bemerkenswertes Beispiel eine solchen Ratschlags findet sich in der Picatrix, einer mittelalterlichen lateinischen Übersetzung eines arabischen Textes aus dem elften Jahrhundert, welcher Maslama b. Ahmad al-Majriti zugeschrieben wird, und der viel auf griechische wie arabische Überlieferung verweist: ein allgemein zurückgezogenes Leben in Wüstengegenden sowie Fasten wird dem Magier empfohlen, dann jedoch wird ihm für die Evokation der Planetengeister geraten, seine Nahrung im Einklang mit den Korrespondenzen desjenigen Planeten zu wählen, den er nach gründlicher Vorbereitung evozieren wird. Der Ritus selbst wird in passend gefärbten Gewändern, angemessenen Düften und Räucherungen sowie passenden Bildern für den Zweck der Arbeit durchgeführt. En modernes Beispiel, nicht weniger gründlich in der Vorbereitung, wird in Crowley’s „Moonchild“ präsentiert. Bei allen Empfehlungen jedoch, welche die Korrespondenzen betreffen, ganz gleich wie einfach oder komplex die eingesetzten Mittel sein mögen: Die Hauptperson in der Gruppe, vorzugsweise inklusive der Gruppenmitglieder, sollte in der Lage sein, ohne Schwierigkeiten in das Temperament der Sphäre einzutauchen.
Bei der Art von magischem Ritual, das wir hauptsächlich betrachten, wird die Notwendigkeit für eine lange und elaborierte Vorbereitung beinahe vollständig ersetzt durch die Entwicklung des mythologischen Elements, was bedeutet, dass in der Psyche eine Affinität mit dem Charakter des Werkes nicht erschaffen, sondern vielmehr dort kontaktiert werden muss, wo es bereits existiert. Dies bringt einen weiteren wichtigen Aspekt der Beziehung zwischen Mythos und Magie hervor. Das Problem welches sie [die Entwicklung des mythologischen Elements, der Übersetzer] lösen hilft, ist eines, welches an anderen Stellen in diesen Bänden [the Magickal Philosophy, der Übersetzer] aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet worden ist: Der Bedarf, involviert zu sein, im Sinne von Überzeugtheit der Notwendigkeit der eigenen [magischen] Arbeit, und zugleich nicht involviert zu sein, im Sinne der Freiheit von Sorge um das Ergebnis des Werkes. Während alles, was sich dem Psychodrama (das bedeutet in diesem Kontext eine exakte Repräsentation der inneren persönlichen Situation eines Individuums, welche ein bestimmtes Ergebnis benötigt) annähert, aus der Aufführung eines jeglichen Ritus der Hochmagie verbannt werden muss und nur das Werk ruinieren könnte, kann hier stichhaltig aufgezeigt werden, dass die großen Mythen der Menschheit solcherart sind, dass sie eine Resonanz, bewusst, oder unbewusst, in jeder menschlichen Psyche hervorrufen, welcher sie adäquat präsentiert werden, so dass jeder Teilnehmer ein wahres Gefühl von Zugehörigkeit zum Werk haben kann, auf einer tieferen als der persönlichen Ebene. Aus diesem Grund kann ein magisches Ritual nie mit einem formalen Theaterstück auf eine Stufe gestellt werden: Es ist ein Teil der Lebenskraft, die durch die Teilnehmer fließt. Ferner wird der Studierende ersucht, wenn er ein Ritual privat benutzt, ganz gleich, ob es von ihm oder einem anderen vorbereitet wurde, dass er, wenn er das gegenwärtige Werk durchführt, spürt, dass eine andere Geste oder rituelle Bewegung „recht“ wäre, er sie ohne zu zögern einführen sollte.
Aus der Art des rituellen Werkes kann eine Anzahl weiterer Prinzipien abgeleitet werden, welche mit Bezug auf die praktische Nutzung betrachtet werden müssen. Das erste von diesen betrifft den Ort des Werkes selbst.
Hier befassen wir uns mit den umfassenden Grenzen der magischen Handlung, die Grenzen, welche die durch den Magier geschaffenen Zustände bewahren müssen. Selbst wenn wir annähmen, dass er beabsichtigte, die gesamte Welt mit einem einzelnen magischen Akt zu beeinflussen (wir mögen in jedem Fall die Weisheit eines solchen Unterfangens infrage stellen, aber wir können seine Möglichkeit nicht als allgemeine Hypothese leugnen): Dennoch sollte sein Handlungsansatz darin bestehen, seine Kraft in einem umgrenzten Raum aufzubauen und sie dann dorthin zu schicken, besser als ihr von Anfang an zu gestatten, sich unter den Myriaden andere Einflüsse in der Welt zu zerstreuen, und sich dabei sowohl an Kontext und Kraft zu verändern in dem Maße wie die Hegelschen Prozesse sie beeinflussen würden. Diese Prozess kommen unvermeidlich ins Spiel: Aber das Werk sollte zuerst in sicherer Umgebung abgeschlossen werden. Mit anderen Worten ist der Kreis des Arbeitens für wahre Zeremonialmagie eine Notwendigkeit: Ob als Schutz für den Magier und sein Werk, oder zur simplen Bewahrung von Energie oder zu beiden Zwecken zugleich. Gemäß seiner Verwendung wird der Kreis gezogen und befestigt: In verschiedenen Riten finden wir den Umfang beispielsweise mit der Schwertspitze gezogen, oder durch Schritte ausgemessen, während die Umgebung durch Namen der Kraft befestigt werden kann, die ausgesprochen oder eingeschrieben werden sowie Zeichen, geschrieben oder in die Luft gezogen oder in der visuellen Imagination eingerahmt und nach draußen projiziert.
Viele magische Operationen erfordern die Umkreisung des Arbeitsortes innerhalb der Grenzen des Kreises. Während zwecklose Umkreisung zu vermeiden ist, ist es passend, solch eine Bewegung aus folgenden Gründen einzuführen:
1. Um einen einfachen Vortex aus Energie zu erzeugen. Man kann eine Umkreisung durchführen oder eine Anzahl, ja nachdem, was für das Ritual passend erscheint, einfach um das Licht in Bewegung zu versetzen und um eine Intention des Invozierens oder Bannens zu betonen; um einen Strom in Gang zu setzen oder ihn zu hemmen. Der Praktizierende kann von der Himmelsrichtung im Kreis aus die Umkreisung beginnen, die am besten passt.
Wo eine „positive“ Intention mithilfe einer deosilen Umkreisung im frühen Teil eines Rituals implementiert wurde, ist es sehr gebräuchlich, dies mit einer „auflösenden“ oder „widdershins“ Umkreisung im späteren Teil zu auszugleichen. Dies ist jedoch kein Brauch, der unbedingt eingehalten werden sollte, es sei denn, er hat einen echten Zweck. In vielen Fällen wäre es dämlich, die Umkreisungen in dieser Art „auszubalancieren“ und würde einfach den Effekt des Werkes zunichte machen: Eher sollte man den Kräften, wenn der gewünschte Effekt erreicht ist, erlauben allmählich abzuklingen.
Unter Okkultisten gibt es eine weit verbreitete Abneigung, Bewegungen widdershins, das heißt: gegen den Uhrzeigersinn, einzusetzen, aufgrund eines verbreiteten Glaubens, dass diese gänzlich oder vorwiegend mit dem „Pfad der Linken Hand“ assoziiert sind. Dieses ganze Thema ist sehr diffus in den Gedanken Vieler: Um des Seelenfriedens unserer Studierenden willen müssen wir an dieser Stelle feststellen, dass zum Zwecke der Invokation in Riten der Luna oder der chthonischen Kräfte, die Umdrehung links herum oder die Umkreisung widdershins allesamt in Ordnung sind.
Diejenigen, die den Pfad der linken Hand vermeiden wollen, sollten magische Werke für selbstsüchtige oder unwürdige Zwecke vermeiden, inklusive Werke, welche an diese Beschreibung heranreichen, wenn die planetarische Assoziation Saturn, Mars oder Luna ist; genauso alle Formen des Blutopfers. Die Richtung, in welche man sich während eines Rituals dreht, kann in dieser Sache nichts entscheiden.
2. Umkreisung kann eingesetzt werden, um einen kosmischen Orbit zu repräsentieren, aufbauend auf den bisher dargelegten Prinzipien.
3. Sie kann einen systematischen Fortschritt oder eine Pilgerreise repräsentieren, besonders, wenn die Viertel oder die Halb-Viertel des Kreises bzw. einige davon als symbolische Stationen genutzt werden können, um Abschnitte der Reise zu repräsentieren. Die Korrespondenzen des Kompasses kann der Magier verwenden, um das auszudrücken, wofür sie stehen: Diejenigen, welche irrelevant sind, können ignoriert werden, da sie keine Wirkmächtigkeit besitzen, wenn sie nicht aktiviert werden.
Arale oder „geschlossene“ Circumamabulationen, um einen geschlossenen Wirbel von Energie zu erschaffen. Diese kommen in Gruppenarbeiten vor und werden nicht in einer porzessierenden Weise, sondern mit gehaltenen Händen durchgeführt, die rechte Handfläche abwärts, die linke aufwärts: Die Anzahl der Umdrehungen wird passend zum magischen Werk gewählt bzw. soviele wie der Leiter für richtig empfindet. Arale Circumambulation wird deosil durchgeführt: Sie ist immer positiv und darf in keiner Weise umgekehrt werden.
5. Orthrochoros: Eine dreifache Circumambulation, die das dreieinige Licht verkündet, beginnend im Osten, die Arme in der PSI-Position. Diese Circumambulation wird nur nach hohen spirituellen Invokationen verwendet. Sie muss unweigerlich am Schluss des Rituals umgekehrt werden durch…
…Dyseochoros: Eine dreifache Circumambulation widdershins, die den Rückzug des dreieinigen Lichts verkündet: Beginnend im Osten, die Arme rechts über links gekreuzt vor der Brust, den Kopf geneigt.
Wann immer möglich sollte der Operateur einen bestimmten Charakter annehmen, selbst wenn dieser im Ritual selbst nicht spezifiziert wird. Wenn er einfach „er selbst ist“, sollte es zumindest seine magische Persönlichkeit sein, deren er sich bewusst ist: Wenn das Thema eine spezifische Darstellung bietet, ist das für den Moment viel befriedigender, sowohl von seinem eigenen Standpunkt als auch für die Effektivität des Rituals. Wenn das Ritual danach verlangt, den Charakter des Ostwindes anzunehmen, ist es besser, Euros oder Wabun zu sein oder eine andere Manifestation dieses Windes, welche lokale Identität auch immer die passendste für die Arbeit ist, als gesichtslos zu bleiben. Wenn es einen Mangel an mythologischem Material gibt, sollte der eigene rituelle Charakter aus der Imagination heraus aufgebaut werden, so gut es eben geht. Dies soll nicht die Annahme von Formen implizieren, in der Art wie sie mit der Annahme von Gottformen assoziiert wird: Alles was hier intendiert ist, ist eine klare Charakterisierung. Diese Charaktere können so lebendig wie die Typen aus der Commedia dell’Arte sein, das „Gefühl“ einer bestimmten Rolle ist die Essenz des Ganzen. Für eine Gruppenarbeit sollten die Charakterisierungen koordiniert werden.
Was die tatsächlichen Bewegungen angeht, die einen Ritus ausmachen, sollten diese nie an Bedeutung ermangeln. Wenn ein Ritus konstruiert wird, sollte lange Ansprachen im Allgemeinen vermieden werden, Handlungen sollten durch Sprache interpretiert, aber nur minimal durch diese ersetzt werden; gleichermaßen sollte man sich daran erinnern dass eine Handlung neben ihrer intrinsischen Bedeutung, eine Bedeutung hat, die von dem Teil des Kreises abhängt, in dem sie stattfindet, und dem Instrument (falls vorhanden), mit dem sie durchgeführt wird. Zum Beispiel: Der Osten ist der Ort des Ursprungs des Lichts. Eine entzündete Lampe in den Osten zu tragen bedeutet, sie als Identifikation mit der Quelle des Lichts darzubieten: sie somit zu weihen und ihre Bedeutung zu spiritualisieren. Eine entzündete Lampe jedoch in den Westen zu tragen bedeutet, die überschatteten Ort zu erhellen, Erleuchtung zu bringen. In Arbeiten, die Anrufung eines bestimmten Elements oder der Qualitäten, die dadurch angezeigt werden, beinhalten (im Unterschied zu Arbeiten, die die Invokation der Elementarkräfte beinhalten), sind die natürlichen zodiakalen Positionen der Elemente angemessen: Osten – Feuer, Süden – Erde, Westen – Luft, Norden – Wasser.
Mit dem Fuß aufzustampfen ist eine entschiedene Behauptung der Herrschaft über die niederen Kräfte, innen und außen. Folglich ist es besonders passend für den Adept in seinem Aspekt als Großer Hermetischer Androgyn, der den Sieg über die niederen Elemente verkündet. So stampfte das geflügelte weiße Pferd Pegasus, der Gesandte Poseidons, mit seinem Huf auf dem Gipfel des Helicon auf, um diesen rebellischen Berg zu unterwerfen: Ferner entsprang von dem spitz zulaufenden Hufabdruck Hippokrene, die heilige Quelle der Musen. Somit mag der Magier mit dem Fuß aufstampfen, ob einfach in seiner magischen Persönlichkeit, oder im Charakter von Mithras, Herkules oder eines anderen siegreichen Heroen über die chthonischen Kräfte, um entweder seinen Willen kundzutun diese zu befehligen, oder um seine Freiheit von ihrer Gefangenschaft und sein Recht zu bekräftigen, vom Nektar der Inspiration zu trinken.
Etwas emporzuhalten wird im Allgemeinen gemacht, um es in Kraft zu setzen gleichwie es zu manifestieren. Zum Beispiel: Bei der Weihe des Schwertes im A. S., vor dem eigentlichen Akt der Weihe, ist das Schwert horizontal; nachdem es geweiht wurde, wird es emporgehalten, die Klinge vertikal, während der Triumphgesang von Iubar gesungen wird.
Der Studierende der Magie sollte üben, große, klare Gesten zu machen. außer er ist sehr jung oder erfahren im Theaterspiel, könnte er das einigermaßen schwierig finden; aber diese Gesten sollen zu seiner magischen Persönlichkeit gehören, und Ich-Bewusstheit muss zurückgestellt werden, so wie es auch bei der Entwicklung der magischen Stimme geschieht. Das astrale Licht muss durch die physische Präsenz des Magiers genauso wie durch seinen geäußerten Willen bewegt werden. Wenn Gesten auf diese Weise einmal Bedeutsamkeit verliehen wurde, wird man feststellen, dass die Richtung und die Weise jeder Bewegung genauso ausdrucksstark wie der Blick der Augen ist. Noch darf die zweiseitige Wirkung expressiver Bewegung vergessen werden. Neben den im eigentlichen Sinne magischen Effekten heißt, einen psychischen Zustand ausdrücken, denselben zu induzieren, und man sollte sorgfältig darauf achten, nicht unwillentlich einen Zustand zu induzieren, der anfällig dafür ist, den Effekt des eigenen Rituals zu hemmen. Aus diesem Grund sind Bewegungen, welche solch hemmende Qualitäten wie Unterwürfigkeit, Trägheit oder Trübsinn ausdrücken oder suggerieren, im Allgemeinen in magischer Arbeit zu vermeiden. Der Vorherrschende Ton magischer Arbeit ist einer von Mut, Großmut, und Entschlossenheit, ob aktiv oder passiv, und die vorherrschenden Kräfte welche, der Magier interpretieren muss, sind diejenigen von göttlicher Expansivität und Fülle. Diese werden in Ritual und Geste widergespiegelt.
Genauso ist ihre Geste, wenn die Göttin Ishtar (zum Beispiel) in die Unterwelt hinabsteigt, um Tammuz zu befreien, bei jedem Portal der sieben widrigen Geister eines ihrer Gewänder ablegt, keine der Erniedrigung oder Unterwerfung unter die Dämonen der Sphäre: Sie erhebt ihre Arme aufwärts und auswärts. Sodann schreitet sie in siegreicher Göttlichkeit auf ihrem Weg voran. So ist sie, wenn sie die siebte und tiefste Ebene erreicht und ihr letztes Gewand ablegt, eintritt und Tammuz findet und ihn zu erneutem Leben führt, ihr übernatürliches und all-erleuchtendes Selbst, der Stern in strahlender Nacktheit.
Ebenso, um eine andere Manifestation der Göttin in einer völlig anderen Region, Umgebung und emotionalen Tönung zu betrachten: Wenn die Fröhlichkeit, Liebe und Vorzüglichkeit von Maitresse Erzulie schließlich in einen Anfall von Verzweiflung gekehrt werden, werden die Arme der Besessenen im Voudoun Kult weit von sich geschleudert und ihre Trance wandelt sich in komatösen Schlaf: Die Tatsache und die Geste kennen viele Zeugen. Auch hier ist die Geste aufwärts und auswärts. Dies ist eine Trauer, die weder selbstsüchtig noch flüchtig ist: Sie ist kosmisch.
Unsere Geste, wenn es als Vorbereitung eines Rituals nötig ist, Kraft von der Heiligen Flamme hinunterzubringen, um durch bewusste Persönlichkeit zu fegen, ist der Calyx. In gewissem Maß kann behauptet werden, dass der Calyx auf die Formel des Grals vorausdeutet.
Dass der Heilige Gral auf eine Weise mit dem Kessel der Regeneration der keltischen Mythologie verbunden ist, ist eine häufige Feststellung unter Spezialisten der mittelalterlichen Legenden. Es ist eine Feststellung, deren profunde Wahrheit weit über irgendeine literarische Evidenz hinausreicht, da sie in die innerste Natur der Adeptschaft blickt. Die „Gralssuche“ ist in der Tat ein deutliches und tiefgründiges Bild der Aufgabe, welche vor dem auferstandenen Adepten, dem Ritter, dem Bekennenden liegt. Hier muss er „das was er sucht, selbst werden“: das Heilige Gefäß, welches den Wein der Inspiration empfangen muss. Nichtsdestotrotz ist ist dies nur eine Bedeutungsebene des Grals. Es ist auch das spezifische und heilige Symbol der Göttin in ihrem Binah Aspekt, als Gefäß der Kraft des übernatürlichen Vaters. Der Gral repräsentiert somit eine hochrangige spirituelle Realität: eines seiner assoziierten Symbole ist das Universum. Ein magisches Instrument emporzuheben heißt, wie gesagt, es zur Manifestation und zur Wirkung zu bringen. Derjenige, der in feierlichem Ritual den Gral emporhebt, macht daher, so weit er kann, das Universum selbst zu einer Opfergabe als Gefäß und Instrument für göttliche Kraft. Nicht nur das: Er biete auch, ob explizit oder implizit, sich selbst als ein Instrument dieser Kraft dar.
Wenn der Große Stab oder der Speer rituell mit dem Gral vereinigt wird, wird dort die übernatürliche Vereinigung des Vaters mit der Mutter zelebriert, das Pflanzen eines Samens mächtiger Bedeutung. Dies ist ein Motiv von großer Wichtigkeit in der Mystik des Stella Gloriosa; denn wenn das neue Fiat ausgesprochen wird, und Adonis im Schoße Myrrhas, der Tochter des Königs gezeugt wird, ist alles vorbereitet, damit das neue gleicharmige Kreuz im achteckigen Schrein des Zentrums zur Manifestation kommen kann. Das Große Werk ist in einer Oktave vollendet, um in einer weiteren erneut zu beginnen.